Erfahrungsbericht: Europäische Jugendkonferenz in Slowenien 26.-30. September 2021 (virtuell)
Die dritte und letzte europäische Jugendkonferenz im achten Zyklus fand unter slowenischer Präsidentschaft in Maribor statt, bzw. aufgrund von Corona bei jedem Vertreter zuhause. Für den RDJ hat der europäische Vertreter Samuel Deneffe an der Jugendkonferenz teilgenommen. Ziel war es, konkrete Forderungen an die europäischen Institutionen auszuarbeiten, die auf Basis der Ergebnisse der ersten beiden Jugendkonferenzen in Deutschland und Portugal und der gesammelten Daten der NWGs entstehen.
Am ersten Tag der Konferenz wurde zunächst nochmal im Schnelldurchlauf auf die beiden vorangegangenen Konferenzen geblickt, um auch den neuen Teilnehmenden alle wichtigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Danach wurde in einer Podiumsdiskussion mit Politikern über die möglichen Ziele des Zyklus gesprochen, um im Anschluss in einer Online-Bingo-Version die anderen Jugendvertreter kennenzulernen.
Am zweiten Tag ging es dann richtig los, denn in Kleingruppen wurde begonnen, an den verschiedenen Aspekten des Youth Goal 9: Space & Participation for all, sprich an einer größeren Jugendbeteiligung, zu arbeiten.
Als RDJ-Vertreter hat Samuel sich für die Kleingruppe zum Unterziel 3 entschieden, in dem es u.a. um Wählen ab 16 und politischer Bildung geht: „Mit einer deutschen Jugendvertreterin und einem griechischen Jugendvertreter haben wir dann im speziellen das Thema „Wählen ab 16“ behandelt. Für die belgische Jugend ist dieses Thema besonders interessant, da die Föderalregierung plant, das Wahlalter bei den nächsten Europawahlen 2024 von 18 auf 16 Jahren herunterzustufen. Ein sehr großes Problem bei einer solchen Veränderung im Wahlalter ist, dass in vielen Länder dafür ein Gesetz (Gesetze regeln das allgemeine Leben im Staat) nicht ausreicht, sondern die Verfassung (die Verfassung ist die rechtliche Grundlage eines Staates, an dieser werden die Gesetze orientiert) geändert werden muss. Zudem sind viele ältere Leute nicht von der Idee überzeugt, dass junge Leute wählen sollten.
Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, dass Wählen ab 16 zwar eine Forderung sein sollte, aber dazu eine konkrete Idee miteingebaut, die sich einfacher umsetzen lässt und ein Argument für die Senkung des Wahlalters ist: Im Vorfeld der Europawahlen sollen durch lokale Jugendzentren in ganz Europa eine Europawahl für Jugendliche organisiert werden. Bei dieser Wahl haben junge Leute die Möglichkeit, ihre Meinung zu aktuellen Themen zum Ausdruck zu bringen. Die Wahlergebnisse sind nicht bindend für die Politiker, sie sollen aber dem neu gewählten Europaparlament übergeben werden. Auf diese Weise haben die Jugendlichen zwar nicht direkt die Möglichkeit, Entscheidungsträger zu wählen, können aber dennoch aufzeigen, welche Themen ihnen wichtig sind. Die Inspiration zu dieser Idee kommt aus Deutschland, wo es bereits seit längerer Zeit ein ähnliches System vor der Bundestagswahl gibt. (https://www.u18.org/start)
Am dritten Tag bestand dann die Möglichkeit, direkt mit Politikern zu sprechen und ihnen Fragen zu allen möglichen Themen zu stellen. Bei der Frage zu Wählen ab 16 verwies Matjaz Gruden, Direktor der Abteilung Demokratische Partizipation des Europarates, darauf, dass dafür in vielen Länder eben die Verfassung angepasst werden muss und dass viele ältere Leute der Jugend ein solches Mitentscheidungsrecht nicht zutrauen. Er sagte aber auch, dass sich mit Hilfe der politischen Bildung das Interesse der Jugend für Politik durchaus ausbauen lässt. Auf meine Frage, ob solche Unterrichte von der europäischen Ebene koordiniert werden sollten, antwortete er, dass es bereits Arbeitsunterlagen des Europarates für Lehrer zum Thema Europapolitik gibt. Der eigentliche Unterrichtsinhalt solle aber in den einzelnen Ländern bestimmt werden, auch, wenn einige Aspekte europäisch koordiniert werden könnten. Die schwedische Europa-Politikerin Jelena Drenjanin sprach vor allem die Distanz zwischen Politikern und jungen Leuten an. Dennoch betonte sie, dass jeder mit ein wenig Erfahrung Politiker werden könne. Politische Bildung sei ein wichtiges, aber dennoch kompliziertes Thema, denn zum Beispiel lernen die Schüler in den USA ihre Ideen zu entwickeln und dennoch gehen sehr viele von ihnen nicht wählen. Das wichtigste sei, dass sich junge Leute beteiligen und vor allem lernen, wie sie ihre Meinung hörbar machen.
Nachmittags haben wir in den Kleingruppen ein letztes Mal an den Forderungen gearbeitet, um sie in die offizielle Form zu bringen. Im Anschluss wurden sie dann allen Delegierten und Ministeriumsvertretern der einzelnen Länder vorgestellt.
Am vierten und letzten Tag standen drei Aktivitäten auf dem Programm. Zuerst gab es erneut eine Podiumsdiskussion über die Frage, wie die verschiedenen Forderungen umgesetzt werden könnten. Hierzu wählten zunächst alle Vertreter aus den verschiedenen Vorschlägen vier aus, über die dann konkret gesprochen werden sollte, wobei u.a. die Themen „politische Bildung“ und „Wählen ab 16“ ausgewählt wurden. Diese beiden Themen scheinen also ein besonderes Interesse bei der Jugend hervorzurufen. Die dort eingeladenen Gäste unterstützten die vorgebrachten Ideen, verwiesen aber wie so oft darauf, dass viele dieser Forderungen auf Staatenebene umgesetzt werden müssen. Dennoch betonten sie, dass viele Themen zusammengehören und für vieles die politische Bildung eine gute Grundlage liefern kann.
Danach gab es dann die offizielle Abschlussfeier der Konferenz, die diesmal etwas üppiger ausfiel, denn sie ist gleichzeitig das Ende der Trio-Präsidentschaft Deutschland, Portugal & Slowenien. Zuletzt wurden die Teilnehmenden gefragt, den gesamten Prozess zu evaluieren und Ideen zu brainstormen, die die Erfahrung der nächsten Jugendkonferenzen noch besser machen würden. So ging auch die letzte Jugendkonferenz des 8. Zyklus des EU-Jugenddialogs zu Ende.“
Jetzt sind die nationalen Arbeitsgruppen dran, die Ergebnisse der Jugendkonferenz und der letzten 15 Monate im eigenen Land im eigenen Land in Umlauf zu bringen. Die Arbeitsgruppe in Ostbelgien, die vom RDJ koordiniert wird, macht sich also jetzt an die Arbeit – bevor ab Januar 2022 ein neues Thema in den Fokus des EU-Jugenddialogs rückt!